[ Pobierz całość w formacie PDF ]

falsche Abzweigung genommen haben.
Er fand sie nicht. Nach einer Weile erreichte er wieder das
Ende des Weges und blieb erneut stehen. Er war nicht einmal
sicher, daß es dasselbe Ende war. In der Dunkelheit, die durch
seine Furcht noch intensiver zu werden schien, sah alles gleich
aus, und zugleich schienen sich die Schatten und Umrisse der
Dinge, die ihn umgaben, ununterbrochen zu verändern. Er hatte
nicht nur die falsche Abzweigung genommen  er hatte sich
hoffnungslos verirrt. Erneut machte er sich auf den Weg.
Kevin wußte längst nicht mehr, wie lange er nun schon so
unterwegs war und hilflos durch den Wald irrte, als er endlich
die Stimme hörte. Er war nicht einmal ganz sicher, daß es sich
74
tatsächlich um eine menschliche Stimme handelte  aber es
war ein Laut, der sich vom Flüstern und Raunen des nächtlichen
Waldes unterschied und sich zumindest anhörte wie der Klang
einer menschlichen Stimme, und das allein reichte, Kevin für
einen Moment alle Vorsicht vergessen und losstürmen zu
lassen. Er mußte dem Pfad den Rücken kehren und endgültig in
den Wald eindringen, und er wußte, daß er ihn nicht
wiederfinden würde, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr:
Dieser Pfad führte vermutlich ohnehin nirgendwohin, auf jeden
Fall nicht nach Darwen oder zurück nach Locksley.
Rücksichtslos brach er durch das Unterholz und dorniges
Gestrüpp, und schließlich geschah das, womit er eigentlich hätte
rechnen müssen: Er stolperte über eine Wurzel, schlug lang hin
und prellte sich den Schädel, daß er für einen Moment Sterne
sah.
Er richtete sich fast sofort wieder auf und rieb sich den
schmerzenden Kopf. Sein Ungeschick hatte allem ein Gutes: Er
fand zum ersten Mal Zeit zum Nachdenken. Was er hörte, das
war nun ganz zweifellos eine menschliche Stimme  aber wer
sagte eigentlich, daß diese Stimme auch einem freundlichen
Menschen gehörte? Seine erste und bisher auch einzige
Begegnung mit den Bewohnern dieses Waldes war alles andere
als friedlich verlaufen. Was war, wenn er auf die gleichen
Gestalten traf wie vor drei Tagen und sie nicht retteten, sondern
das Gegenteil versuchten, übles Werk zu vollenden.
Natürlich setzte Kevin seinen Weg trotzdem fort, aber er
bewegte sich jetzt vorsichtiger und sehr viel langsamer. Die
Stimmen kamen näher, aber eigentlich war es nur eine Stimme,
75
die sprach  in einer Kevin vollkommen fremden,
unverständlichen Sprache. Außerdem hörte er noch andere,
unheimliche Laute: ein schweres Tappen und Schleichen und
ein Hecheln, das ihm einen kalten Schauer über den Rücken
laufen ließ. Schließlich blieb er ganz stehen und bog vorsichtig
die Zweige des Busches auseinander, hinter dem die Stimmen
und die unheimlichen Laute erklangen.
Nur einen Moment später war er sehr froh, es getan zu haben.
Auf der anderen Seite des Busches stand eine hochwachsene,
ganz in Schwarz gekleidete Gestalt, so nahe, daß er sie mit dem
ausgestreckten Arm hätte berühren können. Kevin konnte ihr
Gesicht nicht erkennen, denn sie wandte ihm den Rücken zu,
aber er wußte trotzdem sofort und ohne den leisesten Hauch
eines Zweifels, um wen es sich handelte. Der Mann in dem
schwarzen Burnus und mit dem gleichfarbigen Turban war
niemand anders als Guy von Gisbournes maurischer Begleiter.
Er redete mit leiser, eindringlicher Stimme in seiner
Muttersprache. Deshalb hatte Kevin die Worte nicht verstanden.
Und es waren nicht etwa Menschen, mit denen der
Muselmane sprach...
Kevins Augen weiteten sich ungläubig, als er die schlanken
Schatten sah, die den Mauren im Halbkreis umstanden und aus
glühenden Augen zu ihm aufsahen. Wölfe! Kevin spürte, wie
sich jedes einzelne Haar auf seinem Kopf sträubte. Der Maure
sprach mit einem halben Dutzend Wölfen!
Entweder war ihm ein Schreckenslaut entwichen, ohne daß er
selbst es bemerkt hatte, oder die feinen Sinne der Wölfe hatten
ihn plötzlich wahrgenommen  gleich zwei der Tiere wandten
76
jedenfalls mit einem plötzlichen Ruck den Kopf und starrten ihn
an. Ihre Lefzen zogen sich zurück und zeigten Kevin ein wahr-
haft ehrfurchtgebietendes Gebiß mit fast fingerlangen
Reißzähnen, und ihre Augen glühten in einem düsteren,
unheimlichen Rot, als brenne tief in ihren Schädeln ein
unstillbares Feuer.
Eines der Tiere stieß ein drohendes Knurren aus, und im
gleichen Moment fuhr der Muselmane herum und starrte Kevin
an, und nun schrie Kevin tatsächlich auf. Die Augen des
Mannes glühten in dem gleichen, unheimlichen Rot wie die der
Wölfe!
Kevin prallte mit einem Schrei zurück und hätte fast das
Gleichgewicht verloren. Im gleichen Moment streckte der
Fremde den Arm aus und griff nach ihm. Seine Finger, die in
schwarzen Handschuhen steckten, krallten sich in Kevins
Schulter, aber der Junge warf sich mit der Kraft der
Verzweiflung herum und stürmte blindlings los, so daß sein
Hemd zerriß und nur ein Stück brauner Stoff in den Fingern des
Mauren zurückblieb.
Kevin rannte los. Hinter ihm klangen keine Schritte auf, aber
einen Moment später erscholl ein einzelnes, düster klingendes
Wort in einer fremden Sprache, schon beinahe mehr ein Heulen
als ein wirkliches Wort. Kevin mußte nicht zurückblicken, um
zu wissen, was nun geschah.
Rücksichtslos brach der Junge durch Unterholz und Gebüsch.
Die dornigen Zweige zerrissen seine Kleider und zerkratzten
sein Gesicht und seine Hände, und er stolperte immer wieder
und drohte auszugleiten. Trotzdem rannte er wie nie zuvor im
77
Leben. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Im Laufen riß er einen
federnden Zweig mit sich und ließ ihn zurückschnappen. Die
spitzen Dornen hinterließen weitere, blutige Schrammen auf
seiner Haut, aber einen Atemzug später erscholl hinter ihm auch
ein schrilles Heulen und belohnte seine Mühe. Trotzdem war
ihm klar, daß er den Wolf damit nur wütend machen,
keineswegs aber wirklich aufhalten konnte.
Kevin sah sich dann doch um. Er gewahrte zwei, drei
gedrungene Schatten, hörte das Brechen von Zweigen und das
Tappen schwerer Pfoten, so wie ein furchtbares Hecheln und
Keuchen. Die Tiere waren schon ganz nahe. Und sie waren
wesentlich schneller als er. Noch wenige Augenblicke, dann
mußten sie ihn eingeholt haben.
Kevins Gedanken überschlugen sich. Es gab nichts, wo er sich
verstecken konnte. Selbst die Bäume boten keinen Schutz. Dort
oben wäre er zwar vor den Wölfen in Sicherheit gewesen, aber
die Tiere waren bereits zu nahe. Wenn er versuchen sollte, auf
einen Baum zu klettern, dann würden sie ihn eingeholt und
zerrissen haben, ehe er auch nur einen Meter geschafft hatte.
Plötzlich stolperte er wieder auf den Weg hinaus. Kevin
wandte sich wahllos nach rechts und gewann noch einmal zwei
oder drei Momente Vorsprung, weil er auf dem Pfad ein wenig
besser voran kam. Aber auch die Wölfe erreichten den Pfad,
und ihre langen, kraftvollen Beine griffen nun mit doppelter
Schnelligkeit aus.
Kevin versuchte noch schneller zu laufen. Doch er stolperte; [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • modologia.keep.pl
  •