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miartig. Sie wirkte so unbedeutend wie ein Waldmurmel-
tier, das ich einst mit dem Jagdgewehr meines Vaters
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weggeblasen hatte. Eine Fliege rieb sich genüßlich die
Fühler auf ihrem Unterarm. Ich fühlte mich ein wenig
angewidert und scheuchte sie weg.
Draußen waren vier weitere Streifenwagen eingetrof-
fen. Andere Wagen parkten auf dem Seitenstreifen des
Highways, soweit ich blicken konnte. Da sammelte sich
eine ziemlich große Menschenmenge. Ich setzte mich
zurück, rieb mir über die Wange und schaute zu Ted. Er
hielt die geballten Hände in Schulterhöhe, lächelte und
schnippte mit den Mittelfingern von jeder Hand.
Er sagte nichts, doch seine Lippen bewegten sich, und
ich konnte leicht das Wort ablesen: Scheiße.
Niemand außer uns beiden wußte das. Es sah aus, als
wollte er es laut aussprechen, doch ich wollte einfach, daß
es noch eine kleine Weile zwischen uns blieb. Ich sagte:
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Mein Vater hat mich gehaßt, solange ich mich erinnern
kann.
Das ist eine ziemlich abgedroschene Feststellung, und
ich wußte, wie falsch sie klang. Sie klang kindisch und
unwahrscheinlich - die Art Waffe, die Kinder stets benut-
zen, wenn der Alte mit dem Wagen unterwegs ist, den
man für ein Rendezvous mit Peggy Sue im Autokino
braucht, oder wenn er einem eine Tracht Prügel für den
Fall androht, daß man zum zweitenmal bei der Prüfung in
Geschichte durchrasselt. In diesen schlauen Tagen, in
denen jeder die Psychologie für ein Geschenk Gottes an
die arme, alte analfixierte menschliche Rasse hält und
sogar der Präsident der Vereinigten Staaten Tranquilizer
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vor dem Diner schluckt, ist es wirklich ein guter Weg, um
die alttestamentarischen Schuldgefühle loszuwerden, die
einem in der Kehle aufsteigen wie der Nachgeschmack
einer schlechten Mahlzeit, von der man zuviel gegessen
hat. Wenn einer behauptet, sein Vater habe ihn als Kind
gehaßt, dann kann er losgehen und die Nachbarschaft
ausrotten, vergewaltigen und das nächste Spielkasino
niederbrennen und immer noch mit mildernden Umstän-
den rechnen.
Es bedeutet jedoch ebenfalls, daß einem niemand die
Behauptung wirklich abkauft. Man ist der kleine Junge,
der blinden Alarm schlägt. Doch bei mir stimmt es. Oh, es
gab nichts wirklich Niederschmetterndes nach der Sache
mit Carlson. Ich glaube, daß Dad es bis dahin selbst nicht
wußte. Selbst wenn man auf den tiefsten Grund seiner
Motive graben könnte, würde er vermutlich sagen - be-
stenfalls-, daß er mich zu meinem eigenen Guten haßte.
Zeit für Vergleiche: Für Dad war das Leben wie ein
wertvolles, antikes Auto. Weil es so kostbar und unersetz-
lich ist, hält man es makellos und in perfekt fahrbereitem
Zustand. Einmal im Jahr bringt man es zur lokalen Old
Car Show. Kein Stäubchen darf in den Vergaser gelangen,
kein Schräubchen darf locker sein. Es muß alle tausend
Meilen eingestellt, geschmiert und gewartet werden, und
man muß es jeden Sonntag vor der Sportschau mit Politur
behandeln. Das Motto meines Vaters: Pflegen und hegen.
Und wenn ein Vogel auf die Windschutzscheibe scheißt,
wischt man es fort, bevor es antrocknen kann.
Das war Daddys Leben, und ich war die Vogelscheiße
auf seiner Windschutzscheibe.
Er war ein großer, stiller Mann mit sandfarbenem Haar,
einer Gesichtshaut, die schnell Sonnenbrand bekam, und
Gesichtszügen, die eine entfernte - nicht unangenehme -
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Ähnlichkeit mit denen eines Affen hatten. Im Sommer
wirkte er stets ärgerlich, wenn sein Gesicht rot und von
der Sonne verbrannt war, und die Augen einen kriege-
risch wie zwei blasse, wäßrige Schlitze anschauten. Spä-
ter, als ich zehn war, wurde er nach Boston versetzt, und
ich sah ihn nur an den Wochenenden, doch zuvor war er
in Portland stationiert, und für mich war er wie jeder
andere Vater, der einen Achtstundentag hat, abgesehen
davon, daß sein Hemd khakifarben statt weiß und seine
Krawatte immer schwarz war.
Es heißt in der Bibel, daß die Sünden der Väter die
Söhne büßen müssen, und das mag stimmen. Aber ich
kann hinzufügen, daß ich ebenfalls für die Sünden ande-
rer Väter büßen mußte.
Die Arbeit im Rekrutierungsbüro war sehr hart für
meinen Vater, und ich dachte oft, daß er viel glücklicher
gewesen wäre, wenn er zur See gefahren wäre - ganz
davon zu schweigen, wieviel glücklicher ich dann gewe-
sen wäre. Für ihn war es, als müsse er herumgehen und
sich ansehen, wie anderer Leute unbezahlbare, antike
Wagen zu Schrott gefahren, schlammbespritzt und vom
Rost zerfressen wurden. Er berief High-School-Romeos
ein, die ihre schwangeren Julias zurückließen. Er rekru-
tierte Männer, die nicht wußten, was sie erwartete, und
Männer, die nur interessierte, was sie dabei herausholen
konnten. Er stellte verdrossene junge Männer ein, die vor
der Wahl standen, entweder zur Navy zu gehen oder in
der Strafanstalt von South Portland zu landen. Er bekam
erschreckte Jungs, die alles getan hätten, um nicht nach
Vietnam geschickt zu werden, und er bekam die interesse-
losen Aussteiger, die von der Schule flogen, kaum ihren
Namen schreiben konnten und Intelligenzquotienten hat-
ten, die zu ihrer Hutgröße paßten.
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Und da war ich zu Hause, mit einigen Eigenschaften,
die zu den eben genannten paßten. Eine ziemliche Her-
ausforderung. Und man muß wissen, daß er mich nicht
haßte, weil ich da war; er haßte mich, weil er der Heraus-
forderung nicht gewachsen war. Er wäre es vielleicht
gewesen, wenn ich nicht mehr auf meine Mutter heraus-
gekommen wäre als auf ihn und wenn meine Mutter und
ich das nicht beide gewußt hätten. Er nannte mich ein
Muttersöhnchen. Vielleicht war ich das.
Eines Tages im Herbst 1962 kam mir in den Sinn, Steine
auf die Fenster zu werfen, die mein Vater neu einsetzen
wollte. Es war an einem Samstag Anfang Oktober, und
Dad fing die Arbeit an wie alles - mit einer methodischen
Präzision, die jeden Fehler und jede Zeit- und Geldver-
schwendung ausschloß.
Zuerst holte er alle neuen Fenster aus der Garage (im
Frühjahr waren sie grün angestrichen worden, damit sie
zum Hausanstrich paßten) und reihte sie sorgfältig am
Haus auf, eines neben jedes alte Fenster. Ich sehe ihn
noch vor meinem geistigen Auge, groß und sonnenver-
brannt und ärgerlich, sogar in der schwachen Oktober-
sonne, in der Luft des Weinlesemonats, die kühl wie [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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