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»Alkoholische Getränken sind verboten. - Haben Sie was zu rauchen?«
»Gott sei Dank«, erwiderte Hans und schwang sein gefülltes Zigarettenetui.
»Rauchen ist auch verboten.«
Und schon war das Etui konfisziert.
" Karack« machte der rostige Schlüssel, und dann war Hans Pfeiffer eingesperrt. Wunderbar.
Jetzt hatte er drei Stunden Zeit, sich mit seiner Zelle vertraut zu machen.
Das Karzerlokal war nichts anderes als eine leere Rumpelkammer von unsagbarer Öde und
Traurigkeit. Vier lieblos gekalkte Wände. Von den berühmten Karzer-Inschriften, die Hans zu
psychologischen und folkloristischen Studien zu verwenden gedachte, fand sich keine Spur.
Das einzige Möbelstück war eine kleine Holzbank.
Hans zog Notizbuch und Bleistift und schickte sich an, ein grimmiges Feuilleton zu schreiben
über verlogene Romantik. Nach den ersten drei Worten brach ihm vor Grimm die Spitze des
Bleistiftes. Ein Taschenmesser hatte er nicht bei sich. Darum dachte er sich ein Gedicht aus,
in welchem er den Wert eines Taschenmessers besang. Er wollte sich das Gedicht aufnotieren.
Zum abgebrochenen Bleistift aber fehlte immer noch das Taschenmesser.
Der Kastellan würde ihm einen Bleistift besorgen. Das war sicher nicht gegen die
Schulordnung. Hans suchte rechts und links, oben und unten, aber er fand keine Klingel.
Bedienung war nicht vorgesehen.
»Schweinerei!« sagte Hans laut vor sich hin. Dann setzte er sich auf die kleine Bank, stützte
den Ellbogen auf die Knie und den Kopf auf die Handfläche. Er versuchte zu schlafen. So wie
man es in der Klasse macht. Aber es wurde nichts. Es fehlte das wohltuende Geräusch des
dozierenden Lehrers.
Das sollte nun ein Karzer sein! Ein Mumpitz war es, ein aufgelegter Betrug.
Er versuchte, wenigstens zu dösen. Dabei kam er ins Nachdenken über sich und die Welt und
ging in sich.
Der Karzer erfüllte seinen Zweck.
Hans zog Bilanz. Die Sache mit dem Heidelbeerwein war ihm auf die Butterseite gefallen.
Der Vorsagespiegel war vergessen; ein anderer konnte ihn neu erfinden. Das Ding mit dem
verschwundenen Schuh war anonym geblieben. Das einzige, womit er immer noch
imponierte, war sein Jiu-Jitsu-Griff. So ist die Welt, dachte er. Bizeps schlägt Großhirnrinde
10:1!
Er hatte es satt. Den Schulbetrieb kannte er. Frau Windscheid fiel ihm langsam auf die
Nerven. Auch sonst war nichts los. Demnächst war Sommerfest des Ruder-und
Schwimmvereins. Die Honoratioren werden vollständig erscheinen. Die Honoratioren haben
Töchter. Vielleicht auch hübsche Töchter. Aber nicht für ihn, den kleinen Primaner. Auch
nicht für ihn, den verwöhnten Schriftsteller. Und erst recht nicht für ihn, den ausgekniffenen
Bräutigam.
Wie er nun da hockte und mangels Besserem ein reiches Innenleben führte, vernahm er
Wispern und Kichern draußen auf dem Gang.
Einem Menschen, der Langeweile hat, ist jedes Geräusch willkommen. Hans spitzte
unauffällig die Ohren.
Das waren weibliche Stimmen da draußen. Helle weibliche Stimmen. Putzfrauen? Bewahre.
Das waren keine Putzfrauen. Das war eine Oktave höher.
»Wollt ihr mal einen richtigen Karzer sehen?«
»Ist er auch vergittert?«
»Wenn wir Glück haben, sitzt einer drin.«
»Richtig bei Wasser und Brot? Huh!«
Das Gekicher kam näher und machte vor der Tür halt. Hans fühlt, daß er beobachtet wird. Er
dreht sich um und bemerkt ein kleines Guckloch und darin abwechselnd ein braunes Auge,
ein blaues und eines von Ungewisser Farbe. Hans nimmt ein Stück Papier und klebt es mit
Spucke über das Guckloch. Es wird von außen weggestoßen. Die Augen sind wieder da;
abwechselnd ein blaues, ein braunes und ein Ungewisses. Zwischendurch Wispern und
Kichern.
Augen, die durch eine Larve schauen, sind gespenstisch. Aber Augen, die einen Menschen
durchs Guckloch anstarren, können Raserei bewirken. Hans zwingt sich zur Ruhe. Wie ein
gefangenes Tier, dachte er. Wie ein Schimpanse, der sich in seinem Käfig begaffen lassen
muß.
Entschlossen macht er auf seiner Bank kehrt und zeigt dem Guckloch seine Hinterfront.
Die Mädels ließen nicht locker. Nun gerade nicht.
»Sie! Sind Sie der mit dem Heidelbeerwein?«
»Sie - das haben Sie fein gemacht.«
»Sie! Sie haben wohl rechte Langeweile?«»Wollen Sie nicht ein bißchen mit uns
Spazierengehen?«
»Laß ihn doch. Der hat heute keine Zeit.«
Das Bewußtsein, zwischen sich und dem angeredeten Jüngling eine fest verschlossene Pforte
zu haben, machte die Mädchen kühn.
Hans war sich nicht im klaren, ob er als Schriftsteller oder als Oberprimaner zu reagieren
habe. »Alberne Gänse!« schnob er. Es war ihm nichts Besseres eingefallen. Doch schien es
geholfen zu haben. Denn draußen war nichts mehr zu hören. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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