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chung. Denn dazu gibt es, obligatorisch serviert auf einem schnen kleinen
Tafelaufsatz, kstliche und gleichzeitig kostenlose Petits Fours. Die sparen uns
den Nachtisch.
In diesem Sinne tafelten wir ppig, aber preisgnstig, inmitten von Wiens
bester Gesellschaft. Riesige Portrts von Mitgliedern der Habsburger-Dynastie
sowie das berdimensionale Bild eines freundlichen weien Hundes mit rotem,
neckisch gebundenem Halsband  vermutlich der Liebling eines Mitglieds des
Herrscherhauses  blickten wohlwollend auf uns herab. Wir lieen die Zeugen
vergangener Tage mit Sekt-Orange hochleben, schmausten Wiener Schnitzel,
gebackene Leber, Tafelspitz und Backhuhn  alles vom Feinsten  , lachten viel
und genossen unseren Triumph ber die Austrian Casinos. Es war eine
Wonne.
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Heidi unterhielt uns mit amsanten Anekdoten aus ihrem Fremdenfhrer-
dasein: War ich doch unlngst mit einer Gruppe lterer Amerikaner in der
Hofburg. Sie wollten die Appartements von Kaiser Franz Joseph und seiner
schnen Sisi mitsamt der groen, fr ein Galadiner von anno dazumal
gedeckten k. und k. Hoftafel besichtigen. Damit das ganze mehr historisches
Flair bekommt, hat der Touristenverband beim Eingang in die Prunkgemcher
zwei junge, als Kaiser und Kaiserin kostmierte Schauspieler postiert. Er trgt
eine Uniform wie einst Franz Joseph, sie eine schulterfreie Abendtoilette. Mit
ihrer lang wallenden Percke hnelt sie wirklich der Elisabeth. Und stellt euch
das vor! Die Amis werden verlegen, schauen an ihren T-Shirts und Bermudas
hinunter, spucken ihre Kaugummis aus. Ein Dicker versteckt seinen Ham-
burger, an dem er bis dahin schmatzend gekaut hat, nimmt sein Baseball-Kap-
perl ab, geht mutig auf den ihm huldvoll zunickenden, ganz in seiner Rolle
aufgehenden Pseudomonarchen zu und sagt: : Majesty, we are from Oakland!9
Seine Frau macht einen ungelenken Hofknicks, die anderen Frauen machen ihr
das nach! Sie haben geglaubt, in Austria regieren noch die Habsburger, und die
Begrung durch die Herrscher gehre als besondere Ehre fr die Oaklnder
zum Programm!  Net mglich, fast achtzig Jahr nach dem Ende der Mon-
archie, wunderte sich Gitta. Na ja, man erlebt schon einiges. Ich hab sie
jedenfalls nicht enttuscht. Solln s glauben, was sie wolln, meinte Heidi
lakonisch. Nur wann s immer wieder Austria mit Australia verwechsln, werd i
wid. I trag jetzt oft a Leiberl mit der Aufschrift : There are no kangaroos in
Austria9 . Ob s a derartige Subtilitt verstehn, waas i net.
Beim Verlassen des Roten Salons betrachteten wir noch das Bild der le-
gendren zigarrenrauchenden Anna Sacher, deren eisernes Regime im 19.
Jahrhundert den Ruhm des Hauses begrndete. Wir gingen durch die kleine
Galerie, in der Unmengen signierter Fotos und Aquarelle eine glanzvolle Ver-
gangenheit dokumentierten. Prominente aller Gesellschaftsschichten, die
whrend der letzten 120 Jahre das Sacher beehrten, hatten voll Dankbarkeit
persnliche, oft schwlstige Widmungen verfasst. Darunter waren habsburgis-
che Erzherzge, die oftmals in Damenbegleitung, diskret in den kleinen, inti-
men  inzwischen aufgelassenen  Separees gespeist hatten, Adelige aus allen
Teilen der sterreichisch-ungarischen Monarchie, Politiker und weltberhmte
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Knstler. Vom Portier hflich verabschiedet, traten wir beschwingt den Heim-
weg an  Mizzi und ich, im Hinblick auf die Noblesse des Hauses, voll Zurck-
haltung sogar ohne die blichen Souvenirs. Nicht einmal einen der kleinen,
zierlichen Sacher-Aschenbecher nahmen wir mit!
Kurz darauf brachte ich Schwung und Unterhaltung in unsere Siedlung  ich
veranstaltete die von mir schon lange geplante, aber bislang von Poldi ver-
hinderte Schneckenolympiade. Die Regeln waren ganz einfach. Jeder Teil-
nehmer bekam einen Kbel, lie die Gre seines Gartens beim Schriftfhrer
registrieren und begab sich nach dem Anpfiff in der Dmmerung auf Schneck-
enjagd. Ein weiterer Pfiff nach vierzig Minuten beendete die emsige Sam-
melttigkeit. Stichproben des mit Gummihandschuhen ausgestatteten Ob-
manns unseres Siedlungsvereins berprften die korrekten Angaben der
Teilnehmer.
Schlielich stand der Sieger fest. Es war Helmut Widder, der in einem Kopf-
an-Kopf-Rennen tatschlich 187 der Undinger aufgelesen hatte. Ein kleines
Mdchen berreichte ihm den 1. Preis: eine groe, blau schimmernde
Keramikschnecke und einen Gutschein fr ein Essen in einem auf Wein-
bergschnecken spezialisierten Haubenlokal. Der Obmann schickte sich gerade
an, Herrn Widder zu gratulieren, als sich ein kleiner rothaariger Bursche
vordrngte: Opfeschoin! Opfeschoin!  Sag, siehst net, dass du strst? Was
willst denn? Und red ordentlich!, wies ihn der Gratulant brsk zurecht. Herr
Obmann, er hat in der Frh Apfelschalen g streut!, rang sich der Zurechtgew-
iesene in mhevollem Hochdeutsch ab. Wer, was?  Na, der Herr Widder,
heut in der Frh. Ich hab s g sehn. Des fressen die Schnecken gern! Es lockt sie
an!  Oho, wenn das wahr ist, wre das ja unlauterer Wettbewerb. Stimmt
das, Herr Widder? Den Angesprochenen, der verlegen zu Boden blickte, ver-
riet die Schamesrte, die sein Gesicht verfrbte. Schlielich wurde er disqualif-
iziert, und Alfred Horvath  mit 175 gefangenen Schnecken an zweiter
Stelle  wurde zum Sieger gekrt.
Die kleine Panne mit Widder sorgte zwar fr lautstarke Emprung, strte
aber unsere gute Laune nicht nachhaltig. Mit einem lustigen Umtrunk und dem
Verzehr vieler Schmalzbrote klang die 1. Bierhusler Schneckenolympiade
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aus. Einem allgemeinen Wunsch zufolge whlten wir gleich das Personenko-
mitee zur Organisation der Rallye im darauffolgenden Jahr.
Als ich Poldi wenig spter pflichtschuldigst in seiner Rehab aufsuchte, kam
er mir bereits wie ein seltsames Wesen von einem fremden Stern vor. In dem
befreienden Bewusstsein, ihn in dem muffig riechenden, da kaum gelfteten
Heim mit Ostblockflair zurcklassen zu knnen, wo graugrne Kunststoff-
bden die dsteren Gnge bedeckten, billige Waschmittel einen unangeneh-
men Geruch verbreiteten und harsche, ungeduldige Pfleger die Patienten her-
umscheuchten, ertrug ich geduldig seine mit weinerlicher Stimme vorgetragen-
en Tiraden. Das Billigste schien dem Heim zu gengen, denn wir saen auf
klapprigen Sesseln an einem kleinen, wackeligen Tischchen in der fr Besucher
reservierten, zugigen und nur schwach beleuchteten Ecke des Ganges. Ich
sehnte mich nach dem Sacher. Wirklich schrecklich, kommentierte ich,
automatisch und ohne richtig hinzuhren, Poldis Erzhlungen, die Klagen ber
seine Schmerzen und weitere arge Unbillen. Drohten dem Pechvogel doch ein
abermaliges Ruhigstellen seiner verletzten Gliedmaen, roh ausgedrckt neue
Bandagen aus Gips. Der Heilungsprozess war, wie ihm die rzte geradezu vor-
wurfsvoll und bar jeder falschen Gefhlsduselei mitgeteilt hatten, gar nicht zu-
friedenstellend verlaufen.
Kapitel 10
10
Mein ruhiges, friedliches Bierhusl-Arkadien mit Murli, der nicht nur auf-
blhte, sondern auch, da ich ihn nach Strich und Faden verwhnte, weiter an [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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